Atemnot trotz Therapie – warum kann das sein?

„Ich nehme regelmäßig meine Medikamente – aber die Atemnot bleibt.“ – Diesen Satz höre ich in meiner Arbeit als Atmungstherapeutin häufig. In diesem Beitrag möchte ich erklären, warum das so sein kann – und welche Wege es gibt, wieder mehr Luft und Lebensqualität zu gewinnen.
 | 16.04.2025

Liebe Leserinnen und Leser, es ist schon etwas Zeit vergangen seit meinem letzten Beitrag. Deshalb möchte ich mich bei allen bedanken, die mir in der Zwischenzeit geschrieben haben. Viele von Ihnen haben sehr offen über Ihre persönliche Lebenssituation berichtet – und sich gegenseitig Mut gemacht oder unterstützt. Dafür danke ich Ihnen sehr!

Dabei wurde unter anderem deutlich, dass einige Betroffene trotz einer Sauerstoff- oder nicht-invasiven Beatmungstherapie (NIV) nicht vollständig vor Atemnot geschützt werden konnten. Leider ist die COPD keine einfache Erkrankung.

Krankheiten lassen sich schlecht miteinander vergleichen

Auch andere schwere Lungenerkrankungen wie z. B. Asthma, Lungenfibrose, Bronchiektasen oder Tumore können starke Atemnot auslösen. Es gibt auch Erkrankungen der Atemmuskeln, die zur Unterstützung eine Beatmungstherapie erfordern, obwohl die Lunge gesund ist. Erkrankungen lassen sich nicht miteinander vergleichen – jede bringt ihre eigenen Herausforderungen mit sich.

Interessanterweise können auch organisch völlig gesunde Menschen unter Atemnot leiden, etwa wenn die Atmung dysfunktional ist, wobei die Atemmuskeln ineffektiv eingesetzt werden.

COPD, eine sehr häufige Erkrankung

Die COPD ist als weltweit häufigste Lungenerkrankung chronisch, leider oft fortschreitend und mit unterschiedlichen Problemen behaftet, je nach Ausprägungstyp. Es gibt aber medizinische und therapeutische Behandlungsmöglichkeiten, die die belastende Atemnot effektiv lindern und unter Kontrolle halten können. Die Atemnot ist das Symptom, das die Lebensqualität am meisten einschränkt.

Sauerstoff- und Beatmungstherapie

In diesem Zusammenhang soll bei fortgeschrittener Erkrankung auch auf die therapeutischen Optionen einer Sauerstoff- und/oder nicht-invasiven Beatmungstherapie mit Maske (NIV) eingegangen werden.

Es sei zudem betont, dass nicht jeder Patient mit einer Beatmungstherapie zwangsläufig als „kränker“ betrachtet werden muss. Dazu ist die COPD zu unterschiedlich, und so mancher Patient benötigt nur wenig zusätzlichen Sauerstoff, dafür aber Unterstützung bei der Belüftung der Lunge mit einem Beatmungsgerät. Dabei kann die Lunge selbst weniger geschädigt sein, als bei anderen Betroffenen, die nur Sauerstoff benötigen.

Luftnot nach der Beatmungstherapie

Ein häufig auftretender Unsicherheitsfaktor ist die Tatsache, dass es nach einer planmäßig durchgeführten NIV beim Absetzen der Maske zur Atemnot kommen kann. Der Fachbegriff dafür ist Deventilationssyndrom. Wichtig ist es zu wissen, dass dies nicht gleichzeitig bedeutet, dass die Therapie nicht effektiv ist oder dass sich die Erkrankung verschlechtert hat. In einigen Fällen kann es notwendig sein, die Beatmungseinstellung oder die Medikation zu überprüfen. Meistens liegt die Atemnot jedoch an Anpassungsschwierigkeiten nach der NIV-bedingten Ruhephase und bessert sich von selbst. Dieses Syndrom gilt bei den Betroffenen als belastend und ist übrigens Ärzten und Therapeuten seit langem in der Praxis bekannt.

Was kann man tun?

  • Inhalieren Sie bereits vor dem Aufstehen die verordneten Medikamente zur Erweiterung der Bronchien
  • Bleiben Sie noch einige Minuten an der Maske, bis die Wirkung eingesetzt hat
  • Nehmen Sie die Maske ab, und bleiben Sie noch einige Minuten liegen
  • Atmen Sie möglichst tief und langsam und atmen Sie mit der Lippenbremse aus

Ich kenne einen Patienten, der von der Therapie profitiert und sich folgendermaßen dazu äußert: Nach dem Maskenabgang muss ich kämpfen, aber insgesamt passt das schon.

Die Lunge, eine Wohnung mit vielen Zimmern

Wussten Sie, dass die Fläche aller Lungenbläschen eines gesunden Menschen etwa 70 bis 100 Quadratmeter beträgt? Diese Fläche ist vergleichbar mit einer geräumigen 2-3 Zimmer-Wohnung. Je größer die Lungenfläche ist, desto mehr Sauerstoff aus der Luft kann in den Blutkreislauf aufgenommen werden.

Bei COPD geht ein Teil der Lungenfläche verloren – sei es durch Sekret, das die Bronchien verlegt, oder durch die Zerstörung von Lungengewebe infolge chronischer Entzündungsprozesse, wie bspw. beim Lungenemphysem. Dieser Verlust an Fläche lässt sich mit einer deutlich kleineren Wohnung vergleichen.

Sauerstofftherapie

Die Anreicherung der Einatemluft mit Sauerstoff entlastet den Körper spürbar: Es ist weniger häufiges und tiefes Atmen notwendig, um ausreichend Sauerstoff in den Blutkreislauf zu bringen. Dadurch wird auch das Herz geschont, das ansonsten schneller schlägt, um den knappen Sauerstoff möglichst rasch zu transportieren.

Nicht-invasive Beatmungstherapie mit Maske (NIV)

Die Beatmungstherapie pustet wie ein Blasebalg Luft in die Lunge. Damit werden die Atemmuskeln unterstützt und entlastet. Sauerstoffgabe (LTOT-Langzeitsauerstofftherapie) und die nicht-invasive Beatmungstherapie (NIV) sind symptomatische Therapien. Sie behandeln nicht die Erkrankung, können aber die Lebensqualität und die Lebenserwartung deutlich verbessern.

Atmung und Bewegung

Tatsächlich braucht der Mensch in Ruhe nur sehr wenig Sauerstoff. Bei körperlichen Tätigkeiten steigt der Sauerstoffverbrauch um ein Vielfaches an. Lungenkranke Menschen bekommen besonders in unwillkürlichen Belastungssituationen Atemnot. Dazu gehören auch psychische Zustände wie z.B. Angst und Stress, was sich leider nicht immer vermeiden lässt.

Es ist aber hilfreich, sich bewusst auf körperliche Aktivitäten vorzubereiten

Beispiel: Beim Aufstehen von einem Stuhl nicht sofort losgehen!

Das Aufstehen von einem Stuhl ist eine besonders anstrengende Bewegung, da dabei das gesamte Körpergewicht hochgestemmt werden muss. Wenn man dann sofort weitergeht, kann es passieren, dass eine plötzliche und heftige Atemnot wie ein Schlag aus dem Nichts kommt. Warum das so ist? Es liegt daran, dass das Gehirn ein bisschen Zeit braucht, bis es bemerkt, dass deutlich mehr Sauerstoff gebraucht wird und dann zu schnell und zu viel Atemleistung von der kranken Lunge verlangt.

Was kann man tun?

  • In Ruhe einatmen, beim Aufstehen mit der Lippenbremse ausatmen
  • Nach dem Aufstehen noch einige Male tief einatmen und mit der Lippenbremse kontrolliert ausatmen
  • Erst dann losgehen

Lunge und Kreislauf können sich so besser an die Belastung anpassen und die Atemlosigkeit bleibt aus. Die Abstimmung von Atmung und Bewegung kann Luftnot und Sauerstoffmangel vermeiden.

Sauerstoff ist ein Medikament und darf nur gezielt und sparsam eingesetzt werden. Sprechen Sie mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt, ob Sie die Sauerstoffmenge bei körperlicher Belastung kurzzeitig erhöhen dürfen. Wichtig: Sauerstoff ist ein Medikament – es sollte gezielt und sparsam eingesetzt werden

Beobachtung im Alltag

Ich habe kürzlich eine Bekannte beim Einkaufen getroffen. Sie hat COPD und braucht seit einiger Zeit Sauerstoff. Sie war ohne Gerät unterwegs, obwohl sie kaum Luft bekam. Viele Menschen schämen sich, Hilfsmittel in der Öffentlichkeit zu benutzen. Bitte haben Sie Mut: Sauerstoffgeräte sind Hilfsmittel. Sie erleichtern den Alltag und schützen den Körper. Das erste Mal damit nach draußen zu gehen, ist am schwierigsten…

Sport trotz Beatmung? Ja, das kann funktionieren!

Ein Patient, den ich viele Jahre begleiten durfte, ging dreimal pro Woche mit Beatmungsgerät und Sauerstoff ins Fitnessstudio – unterstützt von seiner Frau. Er hatte eine gut trainierte Muskulatur und trotz seiner schlechten Lungenwerte eine gute Lebensqualität. Gerätetraining ist besonders gut für Menschen mit Lungenerkrankungen geeignet, weil sich Belastung und Atmung gut aufeinander abstimmen lassen. In vielen Städten gibt es medizinische Trainingszentren, die darauf spezialisiert sind. Sauerstoff und Beatmung sind nicht nur „notwendige Übel“, sondern echte Werkzeuge für ein besseres Leben.

Ich greife Ihre „Argumente“ in der nächsten Folge der Mini-Serie auf. Wir können dann gemeinsam auf Ihre Bedürfnisse eingehen und nach einem guten Umgang und nach Unterstützungsangeboten für Sie schauen.

Quellen:
– Foto: izusek / istock.com

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