Langzeit-Sauerstofftherapie (LOT)

Sauerstoff ist lebensnotwendig – aber gerade für Lungenpatient:innen alles andere als selbstverständlich. Doch glücklicherweise gibt es einen Weg, um Atemnot zu reduzieren und damit sogar Betroffenen mit fortgeschrittener COPD das Leben zu erleichtern: Die Sauerstofftherapie.
 | 28.06.2022

Ein (chronischer) Sauerstoffmangel ist nichts seltenes: Viele Patient:innen mit Atemwegserkrankungen wie COPD leiden an einer mangelnden Versorgung mit dem lebenswichtigen Gas. Das bedeutet, der Sauerstoffgehalt in ihrem Blut sinkt unter eine gewisse Schwelle. Die gute Nachricht: Eine Langzeit-Sauerstofftherapie kann ihnen helfen, wieder leichter atmen zu können.

Welche Vorteile bietet eine Sauerstofftherapie?

Chronische Lungenerkrankungen wie COPD und Lungenemphysem können die Sauerstoffversorgung des Körpers beeinträchtigen. Der Grund: Wenn der eingeatmete Sauerstoff nicht mehr ausreicht, um die Organe und Zellen des Körpers zu versorgen, droht ein chronischer – also dauerhafter – Sauerstoffmangel. Eine stark eingeschränkte Belastbarkeit und schwere organische Schäden sind die möglichen Folgen. Doch wie sieht eine solche Therapie nun genau aus?

Im Rahmen einer sogenannten LOT atmen die betroffenen Patient:innen an mindestens 16 Stunden pro Tag mit Sauerstoff angereicherte Luft ein. Die Abkürzung steht für “long-term oxygen therapy”, das englische Wort für Langzeit-Sauerstofftherapie. Studien haben die Vorteile der Behandlung nachgewiesen: Dank der Therapie können Betroffene zum Beispiel wieder längere Strecken zurücklegen, an sozialen Aktivitäten teilnehmen und sich weitgehend selbständig versorgen. Ein wahrer Meilenstein im Leben vieler Menschen, gerade mit fortgeschrittener COPD!

Die größten Nutzen einer solchen LOT liegen also darin, …

  • die Atemnot zu reduzieren
  • die Belastbarkeit von Betroffenen zu erhöhen und
  • ihre Lebenserwartung zu verbessern.

Ein kurzer Blick in den Alltag mit einer Sauerstofftherapie gefällig? Dieses Video zeigt, wie Patient:innen mit COPD und Lungenemphysem die LOT im Alltag integrieren:

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Medizinische Voraussetzungen für eine Sauerstofftherapie

Wer profitiert nun am meisten durch eine Langzeit-Sauerstofftherapie? Das sind vor allem Patient:innen, die schon bei geringer Belastung Atemnot verspüren – beispielsweise beim Treppensteigen. Nach den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin muss dafür ein schwerer chronischer Sauerstoffmangel im Blut (im Fachjargon Hypoxämie genannt) vorliegen. Was bedeutet das genau?

  • Von einer Hypoxämie spricht man, wenn der Sauerstoff-Partialdruck (PaO2) im Ruhezustand in einem Beobachtungszeitraum von vier Wochen mehrfach im kritischen Bereich unter 55 mmHg liegt.
  • Bei Patient:innen mit zusätzlicher Bluteindickung, in der Fachsprache Polyglobulie genannt, oder pulmonaler Hypertonie – also Lungenhochdruck – ist eine Sauerstofftherapie schon bei einem PaO2-Wert unter 60 mmHg angeraten.
  • Doch auch Patient:innen, bei denen der Sauerstoffgehalt nur nachts oder unter Belastung auf niedrige Werte absinkt, können von einer Sauerstoffgabe profitieren. Meistens wird diese aber nur situativ, beispielsweise nachts, verordnet.

Woher weiß ich nun, ob ich diese Kriterien bereits erfülle? Der PaO2-Wert wird mittels einer Blutgasanalyse von dem oder der behandelnden Lungenfachärzt:in festgestellt. Im Rahmen des üblichen Kontrollterms sollte man jedoch unbedingt ansprechen, wenn man bereits unter Atemnot in bestimmten Situationen leidet.

Mögliche Ursachen für chronischen Sauerstoffmangel

Doch auch darüber hinaus gibt es zahlreiche Erkrankungen, die einen Sauerstoffmangel wahrscheinlicher machen.

Wie läuft eine Sauerstofftherapie ab?

Angenommen, man ist einen Schritt weiter und hat die LOT verordnet bekommen. Wie geht es nun weiter?

Im Rahmen der Sauerstofftherapie wird Patient:innen mit Sauerstoff angereicherte Luft über eine sogenannte Nasenbrille zugeführt. Dabei handelt es sich um einen dünnen Schlauch, den man in die Nasenlöcher einschleust. Ein kleiner Steg am Naseneingang verhindert, dass dieser zu tief hineinrutscht.

Die Sauerstofftherapie sollte täglich mindestens 16 Stunden dauern, optimalerweise aber rund um die Uhr durchgeführt werden. Gerade während körperlicher Aktivität ist der zusätzliche Sauerstoff wichtig. Hier stehen tragbare Sauerstoffsysteme zur Verfügung, die eine durchgehende Versorgung auch unterwegs ermöglichen.

Übrigens: Die Kosten für eine Langzeit-Sauerstofftherapie übernehmen grundsätzlich die Krankenkassen. Voraussetzung ist, dass sie von einer Fachärzt:innen-Praxis verordnet wurde. Oft werden auch die eventuell anfallende Stromkosten beim Betrieb eines Sauerstoffkonzentrators übernommen.

Welche Sauerstoffsysteme gibt es?

Ein bekannter Spruch sagt: Verschiedene Wege führen nach Rom. So ist es ebenfalls mit den Sauerstoffsystemen. Denn es gibt sowohl stationäre, als auch mobile Systeme – und der Sauerstoff kann flüssig oder gasförmig inhaliert werden. Zusätzlich spielen Faktoren wie Flussrate, die Art der Stromversorgung, Reichweite und Lautstärke der Systeme eine Rolle. Nicht zuletzt sind zudem Größe und Gewicht der Patient:innen bei der Auswahl zu berücksichtigen – genau wie deren “Lifestyle”: Wie mobil kann und muss ich sein? Welche familiäre Situation liegt bei mir zugrunde? Erst dann kann man eine passende Auswahl treffen.

Grundsätzlich gibt es 3 Gerätetypen:

  1. Sauerstoffkonzentratoren

    Strombetriebene Sauerstoffkonzentratoren filtern den Sauerstoff aus der Umgebungsluft, so dass der Sauerstoffgehalt in der Atemluft angereichert wird – und zwar auf bis zu 96 Prozent. Diese Geräte haben den Vorteil, dass sie nicht nachgefüllt werden müssen; ein Nachteil ist jedoch die Abhängigkeit von einer Stromquelle. Allerdings gibt es stationäre und mobile Konzentratoren: Erstere sind vor allem für die nächtliche Versorgung geeignet, weil sie einen zuverlässigen Betrieb garantieren und nicht aufgeladen werden müssen. Die mobilen Versionen sind kleinere, tragbare Geräte für unterwegs, deren Akku man beispielsweise über den Zigarettenanzünder im Auto laden kann.
  2. Flüssigsauerstoffsysteme

    Mit Flüssigsauerstoffsystemen können Patient:innen Sauerstoff aus einem häuslichen Tank in kleine Behälter abfüllen. Sie sind damit ideale Begleiter für unterwegs, denn sie funktionieren ohne Strom und sind leicht: Im Schnitt wiegen sie zwei bis sechs Kilogramm. Ihr Nachteil: Die Tanks muss man alle ein bis zwei Wochen vom Versorger nachfüllen lassen. Weil es dafür einen Dienstleiter braucht, der zu den Betroffenen nach Hause kommen muss, erzeugen Flüssigsauerstoffsysteme einen höheren Kostenaufwand als Sauerstoffkonzentratoren.
  3. Gasdruckflaschen

    Viele Krankenkassen stellen immer noch Gasdruckflaschen zur Verfügung. Die schweren Behälter müssen jedoch regelmäßig vom Dienstleister ausgetauscht oder an Füllstationen aufgefüllt werden.

Alle der erwähnten Systeme haben ihre Vor- und Nachteile – und welches genau zu einem oder einer Patient:in passt, ist sehr individuell. Ein vertrauensvolles Gespräch mit dem oder der Lungenärzt:in kann daher extrem aufschlussreich sein. Zudem bieten viele Hersteller und Fachkliniken spezielle Schulungen zum Umgang mit den Geräten an, die gerade für “Sauerstoff-Anfänger” sehr nützlich sein können.

Welche Nebenwirkungen hat eine Sauerstofftherapie?

Wie jede Therapie hat auch die Sauerstofftherapie mögliche Nebenwirkungen. Besonders häufig ist hier der Bereich der Nase betroffen: Denn zum einen besteht die Gefahr, dass die Schleimhäute der Nase austrocknen – besonders bei höheren Flussraten. Zum anderen sind durch Sauerstoffbrillen hervorgerufene Hautreizungen oder allergische Reaktionen am Naseneingang nicht selten. Das kann man jedoch recht einfach vermeiden:

  • Der Sauerstoff kann vor der Zuführung mit Wasser befeuchtet werden, um die Schleimhäute vor dem Austrocknen zu schützen. Geschlossene Sterilwassersysteme, die ein keimfreies Wasser garantieren, eignen sich der Erfahrung nach am besten. Pflegende Nasensprays und Salben halten die Nasenschleimhäute zusätzlich feucht.
  • Die Wahl der richtigen Sauerstoffbrille ist entscheidend, um Hautreizungen zu vermeiden. Hier stehen diverse Modelle zur Verfügung, die individuelle Lösungen für verschiedene Probleme bieten.

Davon abgesehen ist die Sauerstofftherapie frei von (körperlichen) Nebenwirkungen, sofern die Patient:innen die Vorgaben befolgen, die ihnen in der Praxis oder einer Schulung vermittelt wurden. Möglich sind jedoch psychische Nebenwirkungen – gegen die man glücklicherweise jedoch nicht machtlos ist.

Psychosoziale Nebenwirkungen der Sauerstofftherapie

Abgesehen von körperlichen Symptomen leiden COPD-Patient:innen manchmal auch psychisch unter ihrer Krankheit. Denn mit einer gut sichtbaren Sauerstoffflasche durch die Welt zu laufen, ist für manche Betroffene mit Scham verbunden. Man spricht hier auch von den “3 S”: Scham, Stigma und Selbstbeschuldigung. In einigen Fällen brechen Patient:innen ihre Therapie aus genau diesen Gründen sogar ab – ein fataler Fehler. Denn die LOT sollte als nützlicher Begleiter, nicht als Feind wahrgenommen werden. Der Blogbeitrag „Selbstbewusst mit Sauerstoff“ von Ärztin Monika Tempel nimmt dieses Thema unter die Lupe.

Der Beginn einer Langzeit-Sauerstofftherapie kann ein Befreiungsschlag sein – endlich keine Atemnot mehr beim Treppensteigen, endlich ein (halbwegs) normaleres Leben führen, trotz COPD. Nach einer unterschiedlich langen Anfangszeit gewöhnen sich die meisten Patient:innen an ihren neuen Begleiter, die Sauerstoffflasche – und freuen sich über ein Leben mit mehr Wohlbefinden.

Quellen:
– Report of the Medical Research Council Working Party: Long−term domiciliary oxygen in chronic cor pulmonale complicating chronic bronchitis and emphysema. Lancet 1981; 1: 681-685.
– Leach, Davidson, Chinn (et al.): Portable liquid oxygen and exercise ability in severe respiratory disability. Thorax 1992; 47: 78-789.
– Magnussen, H. (et al.): Leitlinien zur Sauerstoff−Langzeit−Therapie. Pneumologie 2008; 62: 748-756.
– Foto: sudok1 / fotolia.com

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