Gut leben mit COPD

Die Symptome der Erkrankung COPD – Auswurf, Husten und Atemnot, sind für Atemwegspatient:innen sehr belastend. Die Atemnot ist das Symptom, das die Lebensqualität am meisten einschränkt und kann aber bei vergleichbarem Erkrankungsstadium sehr unterschiedlich sein. Warum ist das so? Daher stellt sich die Frage: Was ist eigentlich Atemnot oder richtiges Atmen bei COPD?
 | 15.03.2022

Beispiel 1: Kürzlich war ich mit einer Freundin wandern im Odenwald. Sie ist etwas besser trainiert als ich und hat eine bessere körperliche Kondition. Nach ca. ¾ des Aufstiegs wurde ihr die Luft knapp und sie fragte erschöpft, wie lange es denn noch dauern würde, während ich munter voran lief. Sie kannte den Weg nicht, ich schon.

Beispiel 2: Vor den Einschränkungen durch Covid 19 war ich mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu einem wissenschaftlichen Kongress in den hohen Norden unterwegs. Es gab Verzögerungen im Heidelberger Nahverkehr und ich musste mit meinem Gepäck die Strecke von der Straßenbahnhaltestelle bis zum Gleis „sprinten“, als der Zug bereits einfuhr. Schwer keuchend und mit pochendem Herz, aber glücklich, den Anschluss noch erreicht zu haben, machte ich mich auf den Weg zu meinem reservierten Platz.

In beiden Beispielen kam es zwar für mich zur erheblichen Atemanstrengung, aber als Atemnot hätte ich das nicht bezeichnet. Im ersten Beispiel wusste ich sicher, dass nur noch eine kurze Strecke bergauf zu bewältigen war und meine Kräfte dafür ausreichen würden. Im zweiten Beispiel wusste ich sicher, dass sich sowohl Atmung als auch Herzschlag innerhalb weniger Minuten beruhigen würden. Wie hätte ich mich gefühlt, wenn ich das nicht sicher gewusst hätte?

Obengenannt sind 2 Beispiele dafür, dass Atemnot nicht nur durch körperliche Defizite bedingt ist, sondern auch maßgeblich von der Bewertung einer Situation durch unser Gehirn abhängt.

Atemnot ist das bedeutendste Symptom von Erkrankungen von Herz und Lunge und sehr komplex. Sie schränkt nicht nur funktionell die Belastbarkeit ein, sondern erzeugt laut Definition auch Stress, Unbehaglichkeit und Angst.

Von allen Symptomen wird Atemnot medizinisch nicht gut verstanden, weil objektive Parameter wie Atemfrequenz, Sauerstoffwerte im Blut und Lungenfunktionsparameter nur bedingt mit dem subjektiven Atemnotempfinden des Patienten korrelieren. Anders gesagt: auch mit „guten Werten“ kann man Luftnot empfinden.

Atemnot fühlt sich auch nicht bei jeder Erkrankung gleich an, Patienten beschreiben Erstickungsangst, Lufthunger, Brustenge und/oder hohe Anstrengung beim Atmen.

Bei COPD ist sie das Symptom, das die Lebensqualität am meisten einschränkt und die Schwere kann nur der Patient selbst beurteilen. Patienten mit einem Lungenemphysem sind davon besonders stark betroffen.

Aber auch zusätzliche Erkrankungen, wie z.B. Erkrankungen des Herzens können die Symptomatik verschlimmern bzw. machen eine Abgrenzung schwierig.

Unterschied zwischen der alltäglichen Atemanstrengung bei Belastung und dem Symptom der Atemnot

Philosophisch betrachtet ist das „Wesen“ der Atemnot, dass die Atemanstrengung nicht dem Atemerfolg entspricht (Missverhältnis von efferentem ZNS – Befehl und afferentem Feedback: length- tension inappropriateness)

Wie entscheidet das Gehirn so etwas?

Gemessen werden z.B. an verschiedenen Stellen Sauerstoff-, Kohlendioxid- und Blutsäurewerte. Die notwendige Anstrengung bei der Dehnung des Brustkorbs und auch der Luftfluss in Gesicht und Rachen fließen mit ein. Schließlich verarbeitet das Gehirn diese Informationen und nimmt die Bewertung vor – auch emotional.

Körperliche Belastung zu meiden, um Atemnot zu vermeiden ist keine Alternative.

Denn bei schwindender Muskelkraft durch Inaktivität schwinden auch die Energiereserven (oxidative Kapazität) der Muskeln. Das bedeutet, dass teilweise bereits bei geringer körperlicher Anstrengung der Mehrbedarf an Energie viel mehr Atemarbeit erforderlich macht – und damit Atemnot sogar verstärkt. Der Sauerstoff wird vom Körper zur Herstellung von Energie aus der Nahrung benötigt.

Das ist auch bei lungengesunden Menschen so. Lungengesunde sind aber in ihrer Atemleistung nicht begrenzt und können diese auf bis das 20-fache steigern. Diese Fähigkeit ist bei COPD und Lungenemphysem leider nicht mehr gegeben, und genau das ist das Problem.

Übrigens steigt auch bei psychischer Aufregung – Freude, Ärger, Stress oder Angst der Energiebedarf stark an. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass den Patienten „in manchen Situationen die Luft wegbleibt“

Wenn jedoch die therapeutischen Grundregeln befolgt werden, kann auch mit COPD und Lungenemphysem (oder anderen chronischen Lungenerkrankungen) eine gute Lebensqualität erhalten oder auch verbessert werden und Atemnot gelindert werden.

Therapeutische Grundregeln:

  • Richtig atmen, um (zusätzliche) dynamische Überblähung zu vermeiden
  • Richtig inhalieren, um die Bronchien möglichst gut zu erweitern, Entzündungen zu behandeln und zähen Schleim zu lösen
  • Richtige Atemtherapie, um lästiges Sekret zu mobilisieren und abzuhusten
  • Richtige Atemtherapie um die Lunge zu „entblähen“
  • Richtiges Muskeltraining, um möglichst viel Energie (oxidative Kapazität) im Muskel direkt zu speichern und Energiereserven anzulegen
  • Richtig das Gehirn beschummeln, indem man Einfluss auf die Atemwahrnehmung nimmt
  • (Richtig die Sauerstoff- und/oder Beatmungstherapie durchführen, falls notwendig)

Die Therapien unterscheiden sich entsprechend der individuellen Probleme, denn COPD ist nicht gleich COPD. Es handelt sich tatsächlich um verschiedene Erkrankungen und Ausprägungen unter dem gemeinsamen Nenner der dauerhaften Verengung und Entzündung der Atemwege. Manche Patienten leiden vor allem unter massiver Verschleimung und manche haben gar kein Sekret, sondern vor allem Luftnot. Das sind häufig diejenigen mit einem Lungenemphysem.

Neben der Lungenkrankheit haben nicht wenige Patienten noch andere Probleme, salopp gesagt also Läuse und Flöhe. Die Atemnot bei COPD kann sich deutlich verbessern, wenn diese Komorbiditäten (zusätzliche Erkrankungen, die zur Grundkrankheit hinzukommen) – dazu gehören z.B. Herzerkrankungen, Bluthochdruck aber auch Übergewicht oder Untergewicht – behandelt werden.

Richtig atmen mit COPD

Richtig atmet man mit COPD, wenn eine dynamische Überblähung – ein vorübergehender Luftstau in der Lunge – weitgehend vermieden wird. Am effektivsten und energetisch am besten ist eine langsame tiefe Einatmung und eine lange „entspannte Ausatmung“ mit etwas Gegendruck.

Die Lippenbremse – vor allem auch bei körperlicher Belastung – kann teilweise die Weite der Bronchien bei der Ausatmung steuern und deren Kollaps bei schneller Ausatmung vermeiden.

Der bronchiale Kollaps ist ein chronisches mechanisches Problem – leider -, daher muss auch die Anpassung der Atmung bei COPD dauerhaft erfolgen.

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41 Kommentare
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Sabetno
1 Jahr zuvor

Hallo Ursel,
ich kann dir nur empfehlen eine Reha zu beantragen. Ich war im Jan. 2023 zur Reha, insgesamt 4 Wochen und kann nur sagen, dass sich mein Gesundheitszustand erheblich verbessert hat. Mein FEV1 ist von 38 auf 48 gestiegen. Auch sonst wurde mit der Zeit alles besser. Die täglichen Atemübungen haben alles weitere auch verbessert. Ich wusste gar nicht wie die richtige Atmung das Treppensteigen erleichtert. Wirklich …spreche mit deinem Arzt und er soll eine Reha beantragen. Nach einer Exazerbation bleibt man meistens auf dem schlechten Stand. Da kämpfe ich auch. Und mit dem Absturz, hast du vllt. mit den Pollen zu kämpfen. In der Reha wurde ich darauf hingewiesen. Nachdem es hier zu Hause wieder schlechter wurde mit der Luft, habe ich vom Arzt Cetirizin Tab. bekommen. 1 am Tag reicht und es wurde mit der Luft besser. Man soll es nicht für möglich halten.
Ich war in der Nordseeklinik Westfalen, Wyk auf Föhr. Die Therapeuten dort sind wirklich super!!!!
Ich wünsche dir alles Gute.

Ursel
1 Jahr zuvor

Bedauerlich dass die Kommunikation hier inzwischen fast zum erliegen gekommen ist.
Hätte mich über Erfahrungswerte gefreut.
Bisher habe ich keine endgültige Besserung erfahren, Antibiotika wurde bereits gewechselt, Kortison wird gerade ausgeschlichen.
Aktueller FEV1 liegt bei gerade mal 60%. Verstehe nicht wie ich innerhalb 20 Tage bei vorheriger stabilem ACOS „abstürzen“ konnte. Bin ziemlich depri.
LG Ursel

Ursel
1 Jahr zuvor

Hallo an alle Betroffenen, wurde 2015 in COPD II mit asthmatischer Komponente eingestuft. Selbstverständlich regelmäßige Kontrollen bei Lufa und tägliche Einnahme meiner Medikamente. Ab 2021 verbesserte sich mein FEV1 auf 85%. Die letzte Spiro war Ende Januar 2023, auch hier FEV1 bei 84%. Peak Flow liegt bei mir stets bei 350.

Exazerbation am 20. Februar d.J. aufgrund einer massiven Erkältung. Therapieintensivierung, inkl. Cortison, Antibiose, Vernebler, da extrem verschleimt und Sputum auffällig. Atemnot sehr ausgeprägt. Peak Flow bei knapp 200.

Habe nun richtig Angst, dass die Verschlechterung bleibt, da nach 12 Tagen keine Besserung der Atemnot eintritt. Verschleimung ist wesentlich besser geworden, meine Belastbarkeit extrem geschwunden. Peak Flow wird nicht besser. Wer von Euch hat Erfahrungen? Wie lange kann es dauern bis man sich nach einer Exazerbation wieder erholt, kann man zu seinem vorherigen Zustand zurück gelangen? Würde mich über Infos bzw. Erfahrungsberichte freuen und wünsche allen Betroffenen stets genügend Luft. LG

Wolfgang
1 Jahr zuvor

ich habe seit 2010 COPD und bin eingestuft nach GOLD 3. Nachts verwende ich NIV mit Zufuhr von 2 Liter/Min Sauerstoff. Seit Jahren fliege ich mit meiner Frau regelmäßig nach Thailand und verwende an Bord keinen Sauerstoff. Die Flüge sind natürlich etwas anstrengend, aber bereiten mir keine Atemprobleme. Eine Sitzplatzwahl in der Nähe der Toiletten ist hilfreich. da der Partialdruck in der Kabine einer Höhe von etwa 2500 Metern entspricht.

Van Veen
1 Jahr zuvor

Ich mochte gerne wissen wehr hatte einen lange flug met copd gold 3 gut uberstanden

Jürgen
1 Jahr zuvor

Hallo,
ich war heute beim Lungenfacharzt und habe eine Überweisung in die Uni-Klinik bekommen. Zum abklären einer nötigen/möglichen operativen Reduzierung der Lungenfunktion.
Hat damit jemand schon Erfahrungen gemacht?
Viele Grüße und im Voraus schon danke, Jürgen.

Heinz-Otto Euskirchen
1 Jahr zuvor

Wie bekomme ich meine morgendliche Atemnot trotz Tragen der nächtlichen Schlafmaske in den Griff?

Horvath Gerlinde
2 Jahre zuvor

Hallo Ralf Bobner
Mein Mann hat COPD 4d und Enphysem .Wir gehen in den Weinbergen spazieren ,natürlich langsam ohne tragbaren Sauerstoff .Z u Hause hat mein Mann eine Hantelbank , ,ein Laufband und einen Ergometer .Er trainiert fast jeden Tag ,natürlich nicht wie ein Profi aber er macht was .Mein Mann sagt immer :Geht nicht gibts nicht .Deshalb geht es Ihm relativ gut bei COPD im Endstadium . Bewegung ist alles BEWEGEN ,BEWEGEN

Christa Axthammer
2 Jahre zuvor

Ich habe COPD III, und komme recht schnell außer Atem. Mir hilft, da ich beide Hüften opriert habe, wenn ich mit meinen Krücken gehe. Helfen tut mir auch, wenn ich diese nicht zur Hand habe, wenn ich mich auf eine Fensterbank, ein Kastl etc stütze und dabei ruhig ein. und ausatme.

Ralf Bobner
2 Jahre zuvor

Hallo und guten Tag…das ist ein toller Bericht…liest sich sehr gut…ein grosses Lob an den Verfasser…jetzt frage ich : was kann ich tun ?…ich denke den direkten Lungensport kann ich für mich vergessen….da fehlt mir die Luft für bei COPD nach Gold 4 im Endstadium und mit Enphysem…was kann ich tun das mir das alltägliche Leben etwas besser von der Hand geht ??
Ich freue mich auf eine Antwort
Grüsse Ralf Bobner

HARALD INGO WAGNER
2 Jahre zuvor

Ps.Ich hatte vergessen mein Lungenemphysem ist nicht zu heilen, ich war mit meiner Frau in Berlin Charite Benjamin Franklin, da wurde mir gesagt, ich bin unheilbar,meine Frau dabei..2018 ..Tschüß H.Ingo Wagner.

HARALD INGO WAGNER
2 Jahre zuvor

Es hört sich gut an, immer wieder das gleiche zu hören. Ich habe 4 plus GOLD, Pflege Stufe 3 80%Schwerbehindert.Wenn Ihr wie lch COPD LUNGENEMPHYSEM mit BRONCHITIS-dicken Schleimauswurf..Das beste ist ein sehr guter Lungenartz-Ärztin und mit DER KRANKENKASSE reden, auch über Kur und machen was Ihr toi toi toi toi noch könnt.Ich habe rund um die Uhr Tragbares und zu Hause Sauerstoffgerät angeschlossen. Hitze und Kälte und Feuchtigkeit, bekomme ich keine Luft. 2 Exzerbationen von ca 3Wochen (ca 25+15min.).Die Angst ist da.Ich habe Fentanyl Matrixpflaster 25ug/h.Also heute geht es mir gut und ich kann auf meinen Balkon, bis dahin komm ich gut hin.Danke Harald Ingo Wagner Tschüß.

Schuh Brigitta
2 Jahre zuvor

Danke es ist hilfreich, wenn man was dagegen tun kann – mein Arzt hat das nicht gesagt

Monica Bauer
2 Jahre zuvor

Wie kann ich meine Lunge richtig „entblähen“ d.h. welche Atemteraphie ist richtig? Ich benūtze bei Nacht ein NIV. Vielen Dank fūr den Artikel. LG

Jeannette Jäger
2 Jahre zuvor

Mein Mann hat COPD in Stufe 3 weiss nicht wer Lungensport verschreibt? Macht das ein Physiotherapeut?

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