
Schon die Beach Boys sangen in den 1960er Jahren von den “Good Vibrations”, also den positiven Schwingungen – auch wenn sie dabei eher von zwischenmenschlichen “Vibrationen” sangen.
Doch Vibration hat eine gewisse Auswirkung auf den menschlichen Körper. “Okay, aber was hat das nun mit chronischen Lungenerkrankungen zu tun?”, fragen sich jetzt vielleicht einige Leser:innen. Tatsächlich arbeiten viele Atemtherapiegeräte mit der sogenannten Oszillation, also einer besonders sanften Vibration, die das Lösen von Schleim unterstützen kann. Diese Oszillations-Atemtherapie wird als OPEP bezeichnet und kommt bei COPD zum Einsatz, um Schleim abzuhusten. Aber auch beim Ganzkörpertraining (z. B. auf einer Vibrationsplatte) können COPD- und Asthma-Patient:innen von den Schwingungen profitieren. Wir erklären, wie das geht.
So profitiert die Lunge von Atemtherapie mit Vibration
Das Prinzip „Oszillation“ ist mittlerweile ein häufig angewandtes Verfahren in der Therapie von chronischen Lungenpatient:innen. Dabei handelt es sich um sanfte Vibrationen, die beim Einatmen an die Atemwege weitergegeben werden. So soll festsitzender Schleim gelockert und das Schleim abhusten erleichtert werden. Schwer vorzustellen?
Oszillationen (Vibrationen) funktionieren nach dem gleichen Prinzip wie das Schütteln einer Ketchupflasche: Stellt man die Flasche nur auf den Kopf, dauert es lange, bis sich der Inhalt von den Wänden löst. Schüttelt man sie allerdings und klopft ein bisschen, dann wird eine mechanische Schwingung erzeugt, die dafür sorgt, dass der Ketchup herausfließt.
Bei Oszillationen kann der Schleim von den Bronchialwänden gelöst und über Husten sanft nach draußen befördert werden. Als Teil der Atemphysiotherapie bei COPD ergänzt OPEP bei COPD Atemübungen und Bewegung. Eine oszillierende Atemtherapie (OPEP) ermöglicht durch die Vibrationen, die Mobilisierung und das Lösen von Schleim in den Atemwegen.
Beispiele für Atemtherapiegeräte bei COPD, die mit Oszillationen arbeiten, sind z. B. das RC-Cornet® PLUS und der RC-FIT® CLASSIC. Die Atemtherapie mit dem RC-Cornet® PLUS ist zum Lösen von Bronchialschleim und zur Reduktion von Husten und Atemnot geeignet. Der Atemtrainer RC-FIT® CLASSIC kann die Atemmuskulatur kräftigen, Bronchialschleim lösen und Atmung und Psyche beruhigen, indem er für eine regelmäßigere, langsamere Ausatmung sorgt. Zudem passt er ganz einfach in jede Hosentasche und ist daher ein hilfreicher Alltagsbegleiter für COPD- und Asthma-Patient:innen.
Training mit Vibrationsplatte sorgt für bessere Fitness
Doch nicht nur in der Lunge können die Vibrationen wahre Wunder vollbringen – auch die Muskulatur am ganzen Körper kann davon profitieren. Eine Studie zeigte zum Beispiel, dass COPD-Patient:innen durch ein regelmäßiges Training der Beinmuskulatur – in diesem Fall Kniebeugen – ihre körperliche Leistungsfähigkeit deutlich steigern können. Doch noch besser fällt das Ergebnis aus, wenn das Training auf einer Vibrationsplatte (umgangssprachlich „Rüttelplatte“, Ganzkörper-Vibration) durchgeführt wird. Im Rahmen der Studie führten 74 COPD-Patient:innen, die an einem dreiwöchigen Reha-Programm teilnahmen, an drei Tagen pro Woche ein zweiminütiges Kniebeugentraining auf einer Vibrationsplatte durch. Im Vergleich zu einer Kontrollgruppe, die das Training auf normalem Boden absolvierte, schnitten die Teilnehmer:innen des Vibrationstrainings nach Ablauf der drei Wochen bei einem 6-Minuten-Gehtest deutlich besser ab. Zudem erzielten sie bessere Werte in einem Test der Muskelleistung und Balancefähigkeit. Durch das Training von Koordination und Balance könnte außerdem das Sturzrisiko bei den Patient:innen vermindert werden.
Das sollte man beim Vibrationstraining auf jeden Fall beachten
In vielen Fitnessstudios stehen sogenannte Vibrationsplatten. Auch gegen einen Kauf für zu Hause spricht nichts – doch die Anwendung eines solchen Trainingsgeräts will geübt sein. Denn trainiert man mit zu viel Intensität – also zu intensiver Schwingung – dann kann die Muskulatur den Vibrationen nicht entgegenhalten. Die richtige „Schwingungsintensität“ zu finden, ist daher Schritt Nummer Eins. Anhand eines Beispiels – der Kniebeuge – lässt sich verdeutlichen, was alles beachtet werden sollte, um den bestmöglichen Effekt aus dem Training herauszuholen:
- Die Knie sollten so weit gebeugt sein, dass sie die Vibrationen gut abfedern können. Wer die Vibration im Kopf spürt, stellt die Füße breiter oder senkt die Intensität der Kniebeuge.
- Es geht beim Vibrationstraining nicht um Geschwindigkeit: Trainierende sollten die Übungen daher langsam und kontrolliert ausführen, statt schnell und hektisch.
- Übung macht den Meister: Je eingeschränkter die Lungenfunktion, umso kürzer sollte die Trainingseinheit ausfallen. Zu Beginn können schon Einheiten von bis zu einer Minute Großes bewirken. In jedem Fall gilt es aber, sich nicht zu überlasten.
- Bei Bedarf am Geländer oder Haltebügel festhalten. Bei Osteoporose, frischen Operationen, Herzrhythmusstörungen oder Schwindel vorab Rücksprache mit Ärzt:in oder Physiotherapeut:in halten.
Vibrationsweste (HFCWO): Wann ist sie sinnvoll?
HFCWO (High-Frequency Chest Wall Oscillation, deutsch: hochfrequente Brustwandoszillation) erzeugt von außen sanfte, schnelle Schwingungen an der Brustwand. Dadurch entstehen in den Atemwegen kleine Fluss-/Druckschwankungen, die Schleim lösen und das Abhusten unterstützen können. Wichtig: Das Verfahren ergänzt Atemübungen und ersetzt sie nicht.
Bei COPD ist die Vibrationsweste nicht Standard. Sie kann erwogen werden, wenn sehr zäher Schleim trotz anderer Maßnahmen bestehen bleibt. Häufiger eingesetzt wird sie bei Mukoviszidose oder Bronchiektasen. Die Entscheidung trifft der bzw. die behandelnde Ärzt:in individuell.
Neu: Varianten der Vibrationsweste und mobile Systeme
Neben klassischen Westen gibt es inzwischen fokussierte, gepulste Schwingungen („Focused Pulse“) sowie mobilere Lösungen. Erste kleine Studien bei COPD zeigen positive Signale, die Evidenz ist jedoch vorläufig. Eine Routine-Empfehlung lässt sich daraus noch nicht ableiten.
Weitere Optionen der Vibration bei COPD
Bei der akustischen Oszillation werden über Mundstück oder Maske Schallwellen in die Atemwege geleitet. Die feinen Vibrationen sollen Schleim lösen und das Abhusten erleichtern. Aktuell gilt das Verfahren als ergänzend – die Studienlage ist noch begrenzt und ersetzt Atemübungen oder OPEP nicht.
Auch Perkussionsgeräte (handgehaltenes Massagegerät oder manuelle Techniken) werden in der Brustkorb-Physiotherapie eingesetzt. Sie sollten nur nach Anleitung von Fachpersonal angewendet werden. Für COPD ist der Zusatznutzen gegenüber keiner Physiotherapie uneinheitlich belegt; deshalb wird eine routinemäßige Selbstanwendung nicht empfohlen. Für Vibration bei Asthma gelten ähnliche Grundsätze: ergänzend und nach ärztlicher Rücksprache.
Vibration bei COPD ist ein hilfreiches Werkzeug, von dem der ganze Körper profitieren kann – nicht nur, aber insbesondere bei Lungenpatient:innen. Mit sanften Schwingungen in und außerhalb der Atemwege lassen sich Schleim lösen und die Muskulatur stärken – sodass einem langen Leben mit mehr Gesundheit und viel Wohlbefinden nichts mehr im Wege steht.
Quellen:
– R. Glöckl (et al.): Warum profitieren Patienten mit schwerer COPD von Vibrationstraining – Eine randomisiert, kontrollierte Studie. In: Pneumologie 2017. Band 71, 1-125. (Online-Veröffentlichung)
– Gloeckl, R., Jarosch, I., Bengsch, U., Claus, M., Schneeberger, T., Andrianopoulos, V., … & Kenn, K. (2017). What’s the secret behind the benefits of whole-body vibration training in patients with COPD? A randomized, controlled trial. Respiratory medicine, 126, 17-24.
– Ärzteblatt, 2017. COPD: Patienten profitieren von Vibrationstraining. Abgerufen bei https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/73738/COPD-Patienten-profitieren-von-Vibrationstraining am 26.09.2023
– Lungenärzte im Netz, 2017. Vor allem Patienten mit schwerer COPD profitieren von Vibrationstraining. Abgerufen bei https://www.lungenaerzte-im-netz.de/news-archiv/meldung/article/vor-allem-patienten-mit-schwerer-copd-profitieren-von-vibrationstraining/ am 27.09.2023
– Mehr Luft, 2019. COPD: Mit Vibrationstraining die Gesundheit verbessern. Abgerufen bei https://mehr-luft.at/aktuell/copd-mit-vibrationstraining-die-gesundheit-verbessern am 29.09.2023
– Gloeckl, R. et al. (2021): Whole-body vibration training versus conventional balance training in patients with severe COPD — a randomized, controlled trial. Respiratory Research, 22, 138. Abgerufen bei https://respiratory-research.biomedcentral.com am 26.08.2025
– Pestelli, M. T. et al. (2024): Effectiveness of a new “focused pulse” high-frequency chest wall oscillation in patients with moderate to severe COPD. Minerva Medica, 115(1), 4–13. Abgerufen bei pubmed.ncbi.nlm.nih.gov am 25.08.2025
– Uzundurukan, A.; Poncet, S.; Boffito, D. C.; Micheau, P., 2024: Acoustic airway clearance devices – A systematic review of experimental and numerical studies. Biomedical Engineering Advances. Abgerufen bei https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2667099224000239 am 26.08.2025
– Tripathi, A. K.; Sankari, A., 2024: Postural Drainage and Vibration. StatPearls (NCBI Bookshelf). Abgerufen bei ttps://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK604210/ am 26.08.2025
– Foto: kieferpix / istock.com
Guten Tag,
sehr geehrter Herr Schmidt,
vielen Dank für Ihren hilfreichen Beitrag. In der Studie, auf der sich der Artikel bezieht (https://www.thieme-connect.de/products/ejournals/abstract/10.1055/s-0037-1598258) wurde eine Vibrationsplatte des Herstellers Galileo® verwendet. Die Produkte sind mir bekannt und für die Anwendung in der Lungenrehabilitation geeignet. Über die Kostenstruktur und Möglichkeiten für den Privatgebrauch kann ich leider keine Auskunft geben, habe auch keine Verbindungen in das Unternehmen. Auf der Webseite wird Beratung angeboten, dort mal fragen könnte eine gute Idee sein: https://galileo-training.com/
Viele Grüße
Heike Georg
(Redaktionsteam)
Danke für den Bericht! Mein Physiotherapeut hat das auch bestätigt. In einer nicht Lungen bezogenen Reha könnte ich auch täglich eine Vibrationsplatte benutzen, und es war sehr hilfreich! Nun stehe ich aber vor der Qual der Wahl! Welche Platte besorge ich mir? Hat vielleicht jemand Hinweise?
In meiner Reha bekam ich GALILEO, die in unterschiedlichen Stärken eingestellt wurde. Diese soll allerdings nicht zum Schleimlösen sein. Dafür hätten sie Vibrations-Westen.
Zum Schleim lösen und Überblähung los werden verwende ich meinen GELO MUCK.