Männer und Frauen erleben Lungenerkrankungen unterschiedlich

Weltweit nehmen die Asthma- und COPD-Diagnosen zu. Was dabei jedoch auffällt: Es scheint signifikante Unterschiede zu geben, wie Frauen und Männer mit chronischen Lungenerkrankungen leben und umgehen. Doch wie wirkt sich das auf ihren Alltag aus?
 | 02.08.2022

Männer sind vom Mars, Frauen sind von der Venus, oder? Eins steht fest: Zwischen den Geschlechtern gibt es teilweise große Unterschiede – auch im Hinblick darauf, wie sie eine chronische Lungenerkrankung erleben oder welche Symptome bei ihnen eher stärker ausgeprägt sind. Aber auch bezüglich Therapien und Medikamenten sowie dem Verhalten von Ärzt:innen gegenüber Männern und Frauen gibt es gewisse Unterschiede. Was bedeutet das nun genau?

Weibliche Atemwege sind insgesamt empfindlicher

Es fängt bereits im Kindesalter an – Asthma bronchiale wird beispielsweise häufiger bei Jungen als bei Mädchen diagnostiziert. Im Erwachsenenalter dreht sich dieser Spieß jedoch um: Nun sind Frauen öfter davon betroffen, haben auch stärkere Beschwerden und häufigere Exazerbationen, also akute Verschlechterungen der Symptome, die teilweise sogar im Krankenhaus behandelt werden müssen. Doch nicht nur das: Tabakkonsum schadet im Kindesalter – etwa durch Passivrauchen, weil ein oder beide Elternteile rauchen – vor allem der weiblichen Lunge. Darunter leidet die Lungenfunktion.

Insgesamt scheinen weibliche Atemwege eher hyperreagibel, also empfindlicher für äußere Reize, zu sein. Die Lunge einer Frau reagiert daher sensibler auf Zigarettenrauch und Schadstoffe in der Luft. Zudem: Obstruktionen – Verengungen der Atemwege – nehmen sie stärker wahr. Darunter leidet nicht nur ihre Lebensqualität, sondern sogar ihre durchschnittliche Lebenserwartung im Vergleich zu Männern.

Das Thema der unterschiedlichen Krankheitsverläufe ist übrigens gerade in aller Munde: Der Begriff „Gender Medizin“ betitelt eine Bewegung, die sich mit der Gleichstellung der Geschlechter in der medizinischen Forschung beschäftigt. Der Hintergrund: Forschung, Entwicklung, Produktion und sogar die Dosierung orientieren sich in der Medizin zumeist an einem 75 Kilogramm schweren Mann. Dass der weibliche Körper dabei jedoch mitunter ganz anders auf einen Wirkstoff reagiert, wird häufig nicht beachtet. Projekte und Initiativen aus dem Bereich geschlechtergerechte Medizin wollen das ändern – und es schaffen, dass die Perspektive der Frau gleichberechtigt einfließt.

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Geschlechtsunterschiede treten auch in der Therapie auf

Doch wie sieht es im Hinblick auf Therapien aus und das Ansprechen auf Wirkstoffe? Im Schnitt machen Männer hier weniger Fehler bei der Anwendung von Inhalationshilfen. Ein wichtiger Aspekt, denn wer die Inhalationshilfe nicht korrekt bedient, kann das damit verabreichte Medikament nicht vollständig und optimal aufnehmen.

Auch hormonell scheinen Frauen im Nachteil zu sein: Die Vermutung liegt nahe, dass Östrogene die Bronchien eher sensibilisiert und hyperreagibel werden lässt – wohingegen das männliche Sexualhormon Testosteron sie unempfindlicher macht.

Das sogenannte „Notfall-Spray“, im Fachjargon Beta-2-Sympathomimetika genannt, wirkt hingegen bei beiden Geschlechtern gut – immerhin etwas! Auch von einer Rauchentwöhnung profitieren beide Geschlechter gleichermaßen, selbst wenn Frauen länger als Männer unter schleimigem Auswurf litten.

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Unter den Patient:innen, die nie rauchen, profitieren Männer jedoch stärker von inhalativen Kortikosteroiden (ICS) als Frauen – erneut ein Nachteil, besonders im Hinblick auf Langzeit-Therapieerfolge. COPD-Patientinnen berichten außerdem häufiger davon, körperlich weniger belastbar zu sein, worunter ihre Lebensqualität leidet. Doch ihnen begegnet hier noch ein weiteres großes Problem: Asthma und COPD wird bei ihnen seltener korrekt diagnostiziert und dementsprechend behandelt – und das, obwohl inzwischen mehr als die Hälfte der COPD-Patient:innen Frauen sind.

Stattdessen bekommen sie eher Psychopharmaka verschrieben als Männer, wenn sie über typische Probleme berichten, die bei den chronischen Lungenerkrankungen auftreten – sie leiden öfter unter depressiven Symptomen, Ängsten und Fatigue. Zusätzlich benötigen sie mehr Notfallmedikamente – und werden sogar häufiger stationär im Krankenhaus behandelt.

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Was kann man nun gegen diese geschlechtsspezifischen Unterschiede tun? Was die Biologie angeht, so kann man diese Differenzen nicht einfach aus der Welt schaffen. Doch manche Ungereimtheiten ergeben sich aus einem männerorientierten System. Als Patient:in sind einem hier aber keineswegs die Hände gebunden – denn es gilt, sich diesem teilweise künstlichen Ungleichgewicht bewusst zu sein, um es proaktiv anzusprechen. Nur so ist es möglich, dass männliche und weibliche Betroffene einer gleich guten Versorgung sicher sein können – sodass beiden Geschlechtern trotz Lungenerkrankung ein langes Leben mit viel Wohlbefinden möglich ist.

Quellen:
– Latz & Welzel, 2021: Gender Medizin – eine gerechte Medizin für alle. Abgerufen via https://www.ndr.de/Gender-Medizin-eine-gerechte-Medizin-fuer-alle am 04. Juli 2022
– Lorenz, 2018: COPD: Frauen husten anders als Männer. Abgerufen via https://www.medical-tribune.de/copd-frauen-husten-anders-als-maenner am 04. Juli 2022
– COPD aktuell, 2021: COPD bei Frauen: Welche Besonderheiten gibt es? Abgerufen via https://www.copd-aktuell.de/copd-bei-frauen-welche-besonderheiten-gibt-es am 01. Juli 2022
– smartWissen COPD, 2022: COPD bei Frauen. Abgerufen via https://www.shop-apotheke.com/magazin/copd/copd-bei-frauen/ am 01. Juli 2022
– Foto: Inside Creative House / Shutterstock.com

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