Warum sind Impfungen wichtig bei COPD?
Wenn es eine goldene Regel gibt, an die sich alle COPD-Patient:innen halten sollten, dann wäre es diese: Eine Exazerbation, also eine akute Verschlechterung, muss um jeden Preis vermieden werden. Und das bedeutet im Umkehrschluss: Alle Auslöser für eine Exazerbation sollten minimiert oder gar eliminiert werden. Denn konkret werden etwa 70 Prozent der Exazerbationen durch Atemwegsinfekte verursacht. Okay – aber wie soll ich das kontrollieren? Das fragen sich jetzt sicher einige.
Die hundertprozentige Kontrolle über unsere Gesundheit und welche Erreger von außen in uns hineingeraten, haben wir selbstverständlich nie. Allerdings gibt es durchaus eine Möglichkeit, das Immunsystem bereits im Vorhinein darauf zu trainieren, wie es mit einem bestimmten Gegner umzugehen hat. Auf diesem Prinzip beruhen Impfungen, deren Erfindung ein immenser Meilenstein für die Gesundheit von Menschen und Tier war. Doch welche Impfungen sind eigentlich am wichtigsten für mich – insbesondere, wenn ich an einer Atemwegsvorerkrankung wie COPD leide?
Welche Impfungen sind empfohlen?
Den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen können – so geht es vielen Menschen, die sich mit dem Thema Impfungen auseinandersetzen. Gut, dass sich ein Team aus Wissenschaftler:innen zusammengetan hat, um eine Liste von Impfungen zu erarbeiten, die für COPD-Patient:innen empfohlen sind.
- Pneumokokken-Impfung: Diese Impfung schützt vor einer Vielzahl von bakteriellen Infektionen – darunter auch Lungenentzündungen. Gerade Menschen mit COPD sollten diese Impfung in Betracht ziehen, um sich vor den teils schwerwiegenden Folgen einer solchen Infektion zu schützen.
- SARS-CoV-2-Impfung: Inzwischen bekannt wie ein bunter Hund und das zu Recht. Die Impfung gegen das Coronavirus ist für COPD-Patient:innen von größter Bedeutung, denn sie bietet einen wirksamen Schutz vor schweren Verläufen einer Covid19-Erkrankung.
- Keuchhusten-Impfung: Auch sie ist wichtig und verdient Beachtung – besonders von Menschen mit COPD. Sie schützt vor einer Infektion mit dem Keuchhusten-Bakterium, das schwerwiegende Atemwegsprobleme verursachen kann – erst recht bei vorerkrankten Personen.
- Gürtelrose-Impfung: Gürtelrose klingt harmlos, doch das ist sie nicht. Gerade bei COPD-Patient:innen kann sie schwerwiegende Komplikationen verursachen. Eine Impfung ist daher empfehlenswert.
- Influenza-Impfung: Die jährliche Grippeimpfung ist besonders für Menschen mit COPD sehr wichtig, denn sie reduziert das Risiko von Komplikationen und dadurch verursachte Exazerbationen.
- RS-Virus-Impfung: Besonders für ältere Betroffene kann diese Impfung sinnvoll sein, schließlich gelten Menschen ab 60 zur Risikogruppe für einen schweren Verlauf von Atemwegsinfektionen durch dieses Virus.
Diese Impfungen können COPD-Patient:innen und ihre Gesundheit schützen und das Risiko von Exazerbationen also signifikant senken. Prinzipiell ist es zudem empfehlenswert, den Impfstatus einmal pro Jahr zu überprüfen oder prüfen zu lassen, um sicherzustellen, dass der Schutz vor Atemwegsinfekten auch aufrechterhalten bleibt.
Impfungen können Atemwegsinfektionen vorbeugen, so viel steht fest. Allerdings ist das nicht alles, wie Forschende des Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL) herausgefunden haben: Demnach können sie auch vor Herz-Kreislauf-Komplikationen schützen und die Anzahl der Krankenhauseinweisungen deutlich senken, insbesondere bei älteren Menschen und Personen mit solchen Erkrankungen, die bereits bestehen. Insbesondere gelten Grippe- und Pneumokokken-Impfungen als besonders empfehlenswert, aber auch eine vollständige Grundimmunisierung mit dem Corona-Impfstoff sowie eine RSV-Impfung für die entsprechenden Risikogruppen sind zu empfehlen. Die Forschenden raten daher Menschen mit erhöhtem kardiovaskulärem Risiko zu spezifischen Impfungen, um schwerwiegende Komplikationen zu vermeiden.
So weit, so gut. Aber halt – sticht eine ganz spezielle Impfung da nicht irgendwie hervor?
Was bringt mir die Grippeschutzimpfung?
Die Impfung gegen Influenza, also die saisonale Grippe, ist im Vergleich zu den anderen etwas „besonderes“. Doch warum?
Anders als es bei vielen anderen Impfungen der Fall ist, muss die Grippeschutzimpfung jährlich aufgefrischt werden. Für die meisten anderen viralen Erkrankungen reicht es aus, den Schutz alle paar Jahre aufzufrischen – bei der MMR-Impfung gegen Mumps, Masern und Röteln reicht sogar eine einzige Injektion, um lebenslangen Schutz zu genießen. Aber warum ist das bei Grippe anders?
Ganz einfach: Das Influenzavirus ist wie ein Chamäleon – es wandelt sich ständig neu. Das macht auch eine regelmäßige Auffrischung des Impfstoffs nötig, schließlich kann dieser immer nur für die jeweils aktuelle Saison den bestmöglichen Schutz bieten – danach lässt der Impfschutz nach. Innerhalb dieser ist jedoch keine Auffrischimpfung notwendig. Die Impfwirksamkeit liegt laut Studien bei etwa 40 bis 48 Prozent. Das klingt nach wenig – doch ohne Impfung kann es im Falle einer Ansteckung leicht zu Komplikationen kommen: Folgeerkrankungen wie ein Herzinfarkt oder eine Lungenentzündung sind nicht so selten, wie man glaubt, ebenso wie tödliche Verläufe. Überhaupt wird die Grippe oft fälschlicherweise mit einer harmlosen Erkältung oder einem grippalen Infekt verglichen. Doch im Gegensatz dazu kommt eine Grippe häufig mit hohem Fieber, Kopf- und Muskelschmerzen, Reizhusten und einem deutlichen Krankheitsgefühl daher, weshalb man sie definitiv nicht unterschätzen sollte.
Fit im Winter: Starkes Immunsystem trotz COPD oder Asthma
Wenn das Immunsystem mit uns bibbert: Zu Beginn des Jahres und in den letzten Wintermonaten wird es häufig noch einmal richtig kalt. Gerade für Lungenpatient:innen mit COPD oder Asthma kann das ein Risiko für Infekte bergen. Doch wie schafft man es trotzdem gut durch die kalte Jahreszeit? Weiterlesen
Als bester Zeitpunkt für die Impfung eignet sich der Winterbeginn, denn der volle Schutz besteht erst etwa zehn bis 14 Tage nach dem Pieks. Üblicherweise beginnt die Grippewelle hierzulande um den Jahreswechsel herum. Wer noch ein Argument braucht, um überzeugt zu werden, dem sei gesagt: Als Geimpfte:r kann man das Virus in der Regel auch nur selten an andere übertragen, weil die Symptome trotz einer eventuellen Infektion deutlich schwächer ausfallen – ähnlich wie es beim Corona-Impfstoff der Fall ist. Zwei Fliegen mit einer Klappe also!
Impfungen können Leben retten – daran besteht kein Zweifel. Doch bei all den verfügbaren Impfstoffen kann man schnell die Orientierung verlieren. Umso wichtiger ist es, sich immer wieder auf dem Laufenden zu halten – und entsprechend den geltenden Impfempfehlungen zu handeln. Dann steht auch Menschen mit Atemwegserkrankungen einem gesünderen Leben mit viel Wohlbefinden nichts mehr entgegen.
Quellen:
– Simon, S. et al.: The role of vaccination in COPD: influenza, SARS-CoV-2, pneumococcus, pertussis, RSV and varicella zoster virus. In: European Respiratory Review 2023, 32: 230034, doi: 10.1183/16000617.0034-2023
– https://www.lungeninformationsdienst.de/aktuelles/news/artikel/impfungen-bei-copd-besonders-wichtig
– https://www.lungeninformationsdienst.de/aktuelles/news/artikel/was-die-wirksamkeit-der-grippeimpfung-beeinflusst
– Martins, J.P. et al.: Seasonal Influenza Vaccine Effectiveness in Persons Aged 15–64 Years: A Systematic Review and Meta-Analysis. In: Vaccines,2023, 11(8), 1322.doi.org/10.3390/vaccines11081322
– Helmholtz Zentrum München, 2024: Impfen gegen Atemwegsinfektionen beugt Herz-Kreislauf-Komplikationen vor. Abgerufen bei https://www.lungeninformationsdienst.de/aktuelles/news/artikel/impfen-gegen-atemwegsinfektionen-beugt-herz-kreislauf-komplikationen-vor am 9. August 2024
– Foto: iStock | Jatuporn Tansirimas