COPD-Notfall: Wann ist eine Einweisung sinnvoll?

Eine Einweisung mit Atemnot muss auch für COPD-Patient:innen nicht immer der Auftakt einer stationären Behandlung bedeuten. Doch nach welchen Kriterien entscheiden Mediziner:innen, wann eine solche Aufnahme sinnvoll ist?
 | 03.11.2021

Nicht nur ein fortgeschrittenes Stadium bei COPD-Patient:innen kann dazu führen, dass diese eine starke Atemnot verspüren – auch eine falsche Dosierung oder Einnahmefehler bei den verordneten Medikamenten können so etwas auslösen. Dann ist es wichtig, schnell zu handeln – selbst wenn der Weg in die Notaufnahme führen kann. Doch wie entscheiden Ärzte nun vor Ort, wie es mit ihren Patient:innen weitergehen soll?

Eine Skala soll Abhilfe schaffen

Um eine Fehleinschätzung zu vermeiden, wurde vor einigen Jahren eine Risikoskala entwickelt, die Ärzt:innen Orientierung bietet. Sie soll ihnen dabei helfen, wichtige Fragen schnell zu beantworten: Ist eine stationäre Aufnahme der Betroffenen wirklich notwendig? Oder bietet sich eher eine intensivere Behandlung zu Hause, mit Unterstützung der Fachärzt:innen an?

Die Ottawa COPD Risk Scale (OCRS) wurde im Rahmen einer Studie von einem kanadischen Ärzt:innenteam der Abteilung für Notfallmedizin an der Universitätsklinik in Ottawa entwickelt. Sie soll Mediziner:innen in der Ambulanz dabei unterstützen, die Entscheidung für oder gegen eine Einweisung von Patient:innen mit exazerbierter, also akut verschlechterter COPD ins Krankenhaus zu treffen. Die Skala wird weltweit aktiv eingesetzt.

Ab wie vielen Punkten ist die Einweisung sinnvoll?

Doch warum gab es überhaupt Anlass für die Studie? Der Grund ist eine Beobachtung unter Ärzt:innen: Viele Patient:innen benötigen auch nach einer akuten Exazerbation keine stationäre Behandlung, können also nach erfolgreicher ambulanter Behandlung wieder nach Hause entlassen oder an den oder die niedergelassene:n Fachärzt: in verwiesen werden.

Auf der anderen Seite gab es jedoch Patient:innen, bei denen man keine weitere Verschlechterung der COPD vorhersagen konnte – doch dann, zu Hause angekommen, traten erneut Komplikationen bei ihnen auf. Einige Patient:innen starben sogar daran.

Doch wie findet man nun heraus, welche Patient:innen zu welcher dieser beiden Gruppen gehören? Um diese – keineswegs einfach zu beantwortende – Frage aufzulösen, entwickelte das kanadische Forscher:innenteam daher eine Punkteskala, um Betroffene schneller und treffender zu beurteilen. So sieht diese aus:

  • Ein bereits vorhandener koronarer Bypass (1 Punkt)
  • Eine Behandlung wegen Gefäßverstopfung in der Vorgeschichte (1 Punkt)
  • Eine Intubation in der Vorgeschichte (2 Punkte)
  • Eine Herzfrequenz bei Ankunft in der Notaufnahme über 110 Schlägen pro Minute (2 Punkte)
  • Eine arterielle Sauerstoffsättigung unter 90% oder eine Herzfrequenz von über 120 Schlägen pro Minute (2 Punkte)
  • Eine bestehende akute Ischämie, also schlechte Durchblutung bestimmter Organe (2 Punkte)
  • Ein Lungenödem, das auf dem Röntgenbild erkennbar ist (1 Punkt)
  • Ein Hämoglobinwert von unter 100 g/l (3 Punkte)
  • Eine Harnstoffkonzentration von mind. 12 mmol/l (1 Punkt)
  • Ein CO2-Wert des Blutserums von mind. 35 mmol/l (1 Punkt)

Nach einer ausführlichen Untersuchung wurden die Punkte der Patient:innen addiert. Schnell zeigte sich deutlich: Je mehr Punkte jemand bekam, umso höher war das Risiko, dass sich die COPD erneut verschlechtern könnte – diese Patient:innen sollten also lieber im Krankenhaus behalten werden. Denn schon ab zwei Punkten besteht ein mittleres Risiko für eine Hospitalisierung, so die Ergebnisse der Studien. Zwischen drei und vier sei ein rasches Handeln empfohlen – und bei über vier Punkten zeigte sich, dass der nächste Notfall oft nicht lange auf sich warten ließ. Lediglich bei null Punkten auf dieser Skala empfahl das Team um Dr. Ian Stiell, die Patient:innen nicht stationär im Krankenhaus unterzubringen.

26.10.2021

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Für Ärzt:innen ist es oft nicht leicht, die richtige Entscheidung zu treffen, wenn ein:e COPD-Patient:in in die Notaufnahme behandelt wird und wieder “stabil” scheint. Dabei kann jede Fehlentscheidung schwerwiegende Folgen haben. Umso besser, dass es inzwischen klare Leitlinien für die Mediziner:innen gibt – die auch Patient:innen Orientierung bieten können.

Quellen:
– Stiell et al., 2014: Clinical characteristics associated with adverse events in patients with exacerbation of chronic obstructive pulmonary disease: a prospective cohort study. Veröffentlicht auf CMAJ.ca
– wavebreakmedia / shutterstock.com

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