COPD-Notfall: Wann ins Krankenhaus?

COPD-Notfälle können diverse Ausmaße annehmen – manchmal ist auch eine Einweisung ins Krankenhaus angebracht. Doch nach welchen Kriterien entscheiden Mediziner:innen, wann eine solche Aufnahme sinnvoll ist?
 | 20.03.2024

Nicht nur ein fortgeschrittenes Stadium bei COPD-Patient:innen kann dazu führen, dass diese eine starke Atemnot verspüren – auch eine falsche Dosierung oder Einnahmefehler bei den verordneten Medikamenten können so etwas auslösen. Dann ist es wichtig, schnell zu handeln – auch wenn der Weg in die Notaufnahme führen kann. Doch wie entscheiden Ärzte nun vor Ort, wie es mit ihren Patient:innen weitergehen soll, wenn diese einen COPD-Notfall erleben?

Was tun im COPD-Notfall?

Um eine Fehleinschätzung zu vermeiden, wurde vor einigen Jahren eine Risikoskala entwickelt, die Ärzt:innen Orientierung bietet. Sie soll ihnen dabei helfen, wichtige Fragen schnell zu beantworten: Ist eine stationäre Aufnahme der Betroffenen wirklich notwendig? Oder bietet sich eher eine intensivere Behandlung zu Hause, mit Unterstützung der Fachärzt:innen an?

Die Ottawa COPD Risk Scale (OCRS) wurde im Rahmen einer Studie von einem kanadischen Ärzt:innenteam der Abteilung für Notfallmedizin an der Universitätsklinik in Ottawa entwickelt. Sie soll Mediziner:innen in der Ambulanz dabei unterstützen, die Entscheidung für oder gegen eine Einweisung von Patient:innen mit exazerbierter, also sich akut verschlechternder COPD ins Krankenhaus zu treffen. Die Skala wird weltweit aktiv eingesetzt.

Atemnot: Wann ins Krankenhaus fahren?

Doch warum gab es überhaupt Anlass für die Studie? Der Grund ist eine Beobachtung unter Ärzt:innen: Viele Betroffene benötigen auch nach einer akuten Exazerbation eines COPD-Notfalls keine stationäre Behandlung, können also bei erfolgreicher ambulanter Behandlung wieder nach Hause entlassen oder an den oder die niedergelassene:n Fachärzt: in verwiesen werden.

Auf der anderen Seite gab es jedoch Patient:innen, bei denen man keine weitere Verschlechterung der COPD vorhersagen konnte – doch dann, zu Hause angekommen, traten erneut Komplikationen bei ihnen auf. Einige Betroffene sind deswegen sogar verstorben.

Doch wie findet man nun heraus, welche Patient:innen zu welcher dieser beiden Gruppen gehören? Um diese – keineswegs einfach zu beantwortende – Frage aufzulösen, entwickelte das kanadische Forscher:innenteam daher eine Punkteskala, um Betroffene schneller und treffender zu beurteilen. So sieht diese aus:

  • Ein bereits vorhandener koronarer Bypass (1 Punkt)
  • Eine Behandlung wegen Gefäßverstopfung in der Vorgeschichte (1 Punkt)
  • Eine Intubation in der Vorgeschichte (2 Punkte)
  • Eine Herzfrequenz bei Ankunft in der Notaufnahme über 110 Schlägen pro Minute (2 Punkte)
  • Eine arterielle Sauerstoffsättigung unter 90% oder eine Herzfrequenz von über 120 Schlägen pro Minute (2 Punkte)
  • Eine bestehende akute Ischämie, also schlechte Durchblutung bestimmter Organe (2 Punkte)
  • Ein Lungenödem, das auf dem Röntgenbild erkennbar ist (1 Punkt)
  • Ein Hämoglobinwert von unter 100 g/l (3 Punkte)
  • Eine Harnstoffkonzentration von mind. 12 mmol/l (1 Punkt)
  • Ein CO2-Wert des Blutserums von mind. 35 mmol/l (1 Punkt)

Nach einer ausführlichen Untersuchung wurden die Punkte der Patient:innen addiert. Schnell zeigte sich deutlich: Je mehr Punkte jemand bekam, umso höher war das Risiko, dass Betroffene einen weiteren COPD-Notfall erleiden könnten – diese Betroffenen sollten also lieber im Krankenhaus bleiben. Denn schon ab zwei Punkten besteht ein mittleres Risiko für eine Hospitalisierung, so die Ergebnisse der Studien. Zwischen drei und vier Punkten sei ein rasches Handeln empfohlen – und bei über vier zeigte sich, dass der nächste Notfall oft nicht lange auf sich warten ließ. Lediglich bei null Punkten auf dieser Skala empfahl das Team um Dr. Ian Stiell, die Patient:innen nicht stationär im Krankenhaus unterzubringen.

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COPD: Wie handeln im Notfall?

Lässt sich trotz aller Maßnahmen eine akute Atemnot bei COPD nicht vermeiden, ist es wichtig, sich an eine strukturierte Vorgehensweise zu halten. Als allererstes gilt: Ruhe bewahren. Das klingt zunächst paradox, doch eine hektisch werdende Atmung aufgrund der stressigen Situation gilt jetzt in jedem Fall zu vermeiden. Atemtechniken wie die Lippenbremse können dabei helfen, trotz allem eine ruhige, tiefe Atmung durchzuführen. Auch eine atmungserleichternde Körperhaltung wie die Torwartstellung oder der Kutschersitz können nun dafür sorgen, die akute Atemnot zu lindern. Wer sein Notfall-Spray bei sich trägt, sollte es jetzt benutzen, sodass die Atemwege sich weiten und mehr Luft hindurchfließen lassen können. Dennoch schadet es nicht, Hilfe zu mobilisieren – seien es vertraute Personen in der Nähe oder Passant:innen: Nicht alleine zu sein, beruhigt und gibt Sicherheit – und man hat im Notfall Betreuung, falls doch ein Notruf abgesetzt werden muss.

In Fällen wie diesen ist es wichtig, gut vorbereitet zu sein. Dabei geht es vor allem darum, seine Notfallmedikamente und eventuelles Zubehör – wie eine Inhalierhilfe – stets parat zu halten, sowie eine Anleitung für Ersthelfer:innen beizulegen, wie sie im Notfall am besten Hilfe leisten. Langfristig sollte man sich außerdem über eine Patient:innen-Verfügung Gedanken machen, um für den Fall gewappnet zu sein, in dem man nicht mehr selbst entscheiden kann, wie weit die medizinische Hilfe gehen soll.

Für Ärzt:innen ist es oft nicht leicht, die richtige Entscheidung zu treffen, wenn ein:e Patient:in nach einem COPD-Notfall in der Notaufnahme behandelt wird und wieder „stabil“ scheint. Dabei kann jede Fehlentscheidung schwerwiegende Folgen haben. Umso besser, dass es inzwischen klare Leitlinien für die Mediziner:innen gibt – die auch Betroffenen von COPD Orientierung bieten können.

Quellen:
– Stiell et al., 2014: Clinical characteristics associated with adverse events in patients with exacerbation of chronic obstructive pulmonary disease: a prospective cohort study. Veröffentlicht auf CMAJ.ca
– Boehringer Ingelheim, 2023: COPD – Was tun im Notfall? Abgerufen bei https://patient.boehringer-ingelheim.com/de/copd-aktuell/mit-copd-leben/copd-was-tun-im-notfall am 1. März 2024
– wavebreakmedia / istock.com

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