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Für die meisten Betroffenen ist es eine belastende Gewissheit, sich im Endstadium einer Krankheit zu befinden. Eine COPD im Stadium 4 nach GOLD bedeutet zudem in der Regel erhebliche Einschränkungen im Alltag. Für viele steht die Frage nach der Lebenserwartung und den Behandlungsoptionen im Fokus – und, was der oder die Patient:in selbst tun kann, um den Zustand zu verbessern.
Symptome im Stadium COPD GOLD 4
Für die Betroffenen ist eine COPD im Stadium 4 typischerweise mit belastenden Symptomen verbunden: Allen voran schwere Atemnot, hervorgerufen durch einen Sauerstoffmangel im Blut (Hypoxämie). Diese Symptome zeigen sich teilweise auch im Ruhezustand, denn Patient:innen in diesem Stadium sind chronisch mit Sauerstoff unterversorgt. Dementsprechend eingeschränkt ist ihre körperliche Leistungsfähigkeit. Ständiger Begleiter ist außerdem der Husten; bei vielen Patient:innen tritt er auch in Kombination mit Auswurf auf. Gerade am Morgen kann das Abhusten von zähem Schleim sehr kräftezehrend sein.
Treten zudem Symptome wie Schwindel, starkes Herzklopfen oder “Herzstolpern” auf, ist dies ein Zeichen dafür, dass auch andere Organe vom Sauerstoffmangel betroffen sind. So können sich z.B. die Fingernägel und Lippen bläulich färben – ein weiteres Symptom für eine Sauerstoffunterversorgung, in der Fachsprache “Zyanose” genannt. Andere oft auftretende Anzeichen sind vermehrte Lungengeräusche wie Pfeifen oder Rasseln, Müdigkeit, Ängste und depressive Zustände oder häufigere Lungenentzündungen. Spätestens jetzt ist es daher an der Zeit, dringend eine:n Fachärzt:in aufzusuchen.
Doch wie ordnet man nun eine COPD in ein GOLD-Stadium ein? Ein wesentlicher Anhaltspunkt hierfür ist die Lungenfunktion. Das untenstehende Diagramm zeigt, wie Betroffene jeweils nach ihrem Lungenfunktionswert FEV1 in ein Stadium eingeordnet werden. Während dieser im Stadium 3 um mehr als 50% vom Normalwert abweicht, sind es bei Stadium 4 bereits mehr als 70%.
Behandlungsmöglichkeiten im Endstadium
In diesem Stadium der COPD kann es sein, dass die üblicherweise verordneten bronchialerweiternden Basismedikamente nicht mehr die gewohnte Erleichterung verschaffen. Trotzdem ist es wichtig, diese Medikamente weiterhin einzunehmen. Ebenso bedeutend werden in dieser Situation weitere Therapieansätze – bis hin zu operativen Maßnahmen.
1. Behandlung von Exazerbationen
Neben der Einstufung in ein GOLD-Stadium ist auch die Selbsteinschätzung der Patient:innen notwendig, um sie eine Patient:innengruppe einzuordnen. Für die Wahl der therapeutischen Mittel ist sie neben dem klassischen GOLD-Stadium entscheidend – und wird anhand der Häufigkeit und Intensität von sogenannten Exazerbationen bestimmt.
Akute Verschlechterungen der COPD können in diesem Stadium lebensgefährlich sein. Die Vorbeugung und Behandlung von Exazerbationen spielen im Stadium 4 nach GOLD deshalb eine große Rolle.
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2. Kortisonhaltige Medikamente
Obwohl sie bereits Medikamente zur Erweiterung der Bronchien erhalten, erleiden manche Patient:innen dennoch mehr als zwei Exazerbationen pro Jahr. Daher erhalten sie im nächsten Schritt meistens sogenannte Glukokortikoide. Diese kortisonhaltigen Medikamente reduzieren das Exazerbationsrisiko. Grundsätzlich werden diese genau wie Bronchodilatatoren inhaliert. Durch das Inhalieren wirkt das Medikament direkt und ausschließlich lokal in der Lunge und mögliche Nebenwirkungen können so reduziert werden. In Tablettenform wird Kortison üblicherweise nur vorübergehend bei schweren Exazerbationen verabreicht.
3. Atemphysiotherapie
Viele Patient:innen leiden in dieser schwersten Form der COPD unter festsitzendem Schleim in den Bronchien. Atemtherapeutische Methoden sollen sie dabei unterstützen, diesen zu lösen und abzuhusten. Dazu zählen bestimmte Hustentechniken, Atemübungen und der Einsatz von Atemtherapiegeräten.
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4. Sauerstofftherapie
Im Rahmen einer Langzeit-Sauerstofftherapie (LOT) wird COPD-Patient:innen mit einer niedrigen Sauerstoffsättigung im Blut – respiratorische Insuffizienz genannt – Sauerstoff über eine Nasenbrille zugeführt. Dadurch erhöht sich nicht nur deren Belastbarkeit – eine Sauerstofftherapie kann auch das Leben der Betroffenen verlängern.
5. Nicht-invasive Beatmungstherapie (Heimbeatmung)
Die nicht-invasive Beatmung zu Hause – häufig NIV abgekürzt für Non-Invasive Ventilation – wird Patient:innen mit einem chronisch erhöhten Kohlenstoffdioxidgehalt im Blut (Hyperkapnie) verschrieben. Sie entlastet die Atemmuskeln, verbessert den Gasaustausch in der Lunge und bremst die Häufigkeit und Intensität der Exazerbationen. Wie das funktioniert? Bei einer solchen Ventilation wird den Patient:innen mithilfe eines Beatmungsgeräts reine Atemluft durch einen mechanisch erzeugten Über- oder Unterdruck zugeführt. Viele kennen vielleicht die typischen Atemmasken, die man dafür benötigt – sie ermöglichen die Druckbeatmung, die man ganz bequem zu Hause durchführen kann, in der Regel über Nacht.
6. Operative Methoden bei sehr schwerer COPD
Als letzten Ausweg besteht für einige wenige Patient:innen auch die Möglichkeit eines operativen Eingriffs. Allerdings sind die Kriterien für eine solche Operation anspruchsvoll und werden nur von wenigen Patient:innen erfüllt. In der Regel bieten sich zwei Ansätze an:
- Verschiedene Verfahren der Lungenvolumenreduktion: Hier wird beispielsweise ein Ventil in die Atmungsorgane eingesetzt. Das soll der Überblähung der Lunge entgegenwirken – ein häufiges Symptom bei Emphysemen
- Ein sehr bekanntes Verfahren ist die Lungentransplantation: Hierbei tauscht man Teile der beschädigten Lunge oder das ganze Organ durch eine gesunde Spenderlunge aus
7. Behandlung von schwerer Atemnot
Viele Patient:innen mit starker Atemnot quält in diesem Stadium der COPD vor allem ein Gedanke: die Angst vor dem Ersticken. Dank der modernen Medizin ist diese Angst allerdings unbegründet. Gerade die Palliativmedizin, die das Lebensende begleitet, bietet weitreichende Möglichkeiten der Sedierung und Unterstützung, sodass selbst heftigste Atembeschwerden erfolgreich gelindert werden können.
Im Video erklärt Prof. Dr. Sven Gottschling vom Universitätsklinikum des Saarlandes warum dank der modernen Medizin niemand einen qualvollen Erstickungstod sterben muss:
Den Alltag erleichtern
Eine COPD im Stadium 4 nach GOLD ist in der Regel mit erheblichen Einschränkungen im alltäglichen Leben verbunden. Doch es gibt Wege, Betroffenen auch in dieser Situation Erleichterung zu verschaffen.
Pflegestufe beantragen
Wenn sich der Alltag inklusive selbstständiger Ernährung, Körperpflege und Mobilität nicht mehr selbstständig bewältigen lässt, können Betroffene eine gesetzliche Pflegestufe zu beantragen. Damit soll gewährleistet werden, dass Patient:innen so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden leben können – selbst, wenn sie dabei auf fremde Hilfe angewiesen sind. Pflege bei COPD – Das müssen Sie wissenBehindertenausweis beantragen
Ein Schwerbehindertenausweis ist für Sie mit verschiedenen finanziellen Erleichterungen und bestimmten Sonderrechten verbunden. Mit dem Ausweis lassen sich zum Beispiel öffentliche Nahverkehrsmittel wie Busse und Bahnen kostenlos nutzen – und man hat Anspruch auf eine zusätzliche Woche bezahlten Urlaub sowie auf einen Behindertenpauschalbetrag. Schwerbehindertenausweis bei COPDHilfsmittel besorgen
Viele medizinische Hilfsmittel unterstützen COPD-Patient:innen im GOLD-Stadium 4 im Alltag. Dazu gehören zum Beispiel Gehhilfen, Inhalier-, Mess- und Therapiegeräte. Sie erleichtern alltägliche Handlungen, liefern wichtige Messwerte oder lindern die Symptome. Da sie mitunter sehr hilfreich für den Erfolg der Behandlung sind, werden die Kosten vieler Hilfsmittel für COPD-Patient:innen von den Krankenkassen teilweise oder vollständig getragen. Diese Hilfsmittel helfen Ihnen bei COPD
Auch wenn das vierte Stadium der COPD in den allermeisten Fällen das Endstadium der Krankheit markiert, lohnt es sich, selbst aktiv zu werden: Mit ein bisschen Selbsthilfe lässt sich nicht nur das Leben verlängern, sondern auch vereinzelte Momente noch genießen.
Quellen:
– Vogelmeier, C. (et al.): S2k – Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von Patienten mit chronisch obstruktiver Bronchitis und Lungenemphysem (COPD). Pneumologie 2018; 72: 253–308.
– Foto: Natalia Lisovskaya / Shutterstock.com